Basic Facts für Glücksburger
Vorwort Jochen Kopf
Jochen Kopf, 37 Jahre, kommt ursprünglich aus Baden-Württemberg und hat Segeln am Bodensee gelernt. Dort studierte er zunächst Wirtschaftsingenieurwesen. Nach dem Studium entschied er sich jedoch für einen anderen Weg. Er bewarb sich vor gut elf Jahren für eine Ausbildung zum Segellehrer in Glücksburg. Aus zwei geplanten Jahren der Ausbildung sind nun mehr 11 Jahre geworden. Aus dem normalen Segellehrer-Alltag ist er 2015 zum Schulleiter ernannt worden.
Sein Motto: Man kann eine Lebensplanung aufstellen, aber es kommt meistens sowieso anders als man denkt.
Fun Fact: Seine Frau hat er in Glücksburg kennengelernt, ihre Heimat ist jedoch
nur zehn Kilometer von seinem Heimatort in Baden-Württemberg entfernt.
Glücksburg wird nicht selten auch als das „Mekka des Segelsports“ bezeichnet. Weshalb sonst kommen wohl pro Jahr SegelschülerInnen aus über 50 Nationen nach Glücksburg, um an derHanseatischen Yachtschule das Segeln zu erlernen?
Doch was hat Glücksburg, was andere Segelreviere nicht haben? Zum einen bringt die geografische Lage Glücksburgs an der Flensburger Förde sehr viele Vorteile, wie ordentlich Wind und gleichzeitig wenig Welle mit sich. Zum anderen befinden sich in Glücksburg gleich zwei bedeutende Segelvereine, die über die Landes- und Bundesgrenzen hinaus enorme Strahlkraft besitzen.
Der in Glücksburg ansässige Flensburger Segel-Club ist durch seine durchgeführten Regatten, nicht selten auch bis hin zu Weltmeisterschaften, und durch ein eigenes Segelteam, welches sich in der 1. Segelbundesliga behauptet, bekannt. Aber auch die Hanseatische Yachtschule hat die Vorzüge des Standortes Glücksburg an der Förde früh erkannt. Nicht zuletzt auch auf Grund der perfekte Voraussetzungen, was den Standort Glücksburg anbelangt, hat sich die Hanseatische Yachtschule zu einer der größten und renommiertesten Segelschulen in Europa etabliert.
Wie es in diesem, durch die Corona-Pandemie gebeuteltem Jahr mit dem Segeln in Glücksburg weitergehen wird, bleibt abzuwarten. Aktuell ist der Frust durch die Verschiebung des Saisonstarts bis mindestens zum 01.05. natürlich groß, trotzdem sind die Verantwortlichen der beiden Vereine zuversichtlich, dass im Laufe des Jahres wieder einige Aktivitäten stattfinden werden und durch den Besuch einer der beiden Vereine viele segelsportbegeisterte Leute unser wunderschönes Glücksburg besuchen und kennenlernen dürfen.
So nah und doch so fern: Der Flensburger Segel-Club und die Hanseatische Yachtschule gehen zwar geografisch betrachtet beinahe auf Kuschelkurs, sind aber komplett verschiedene Institutionen.
Während die Segelschule tatsächlich eine Schule ist, kommt man zum FSC, übrigens ansässig seit 125 Jahren in Glücksburg, zum regelmäßigen Trainieren. Wer die volle Breitseite möchte, bekommt diese beim FSC eher zu spüren: „Der FSC bietet neben vielen Liegeplätzen für Schiffseigner auch eine hervorragende Jugendarbeit im Regattasegeln an. Wir sind hingegen eine klassische Segelschule. Man kommt 1-2 Wochen und wird bei uns gerne untergebracht“, erläutert Jochen Kopf den Unterschied und macht gleichzeitig mit Zahlen und Fakten Klarschiff. Die Tourismuskraft, die die Segelschule innehält, werde oft unterschätzt. Die Hanseatische Yachtschule hat knapp 3000 Teilnehmer pro Jahr, die für längere Zeit bleiben. Davon sind ca. 50 % in der Segelschule untergebracht. Der FSC hingegen richtet Segelregatten, wie beispielsweise die Deutschen Meisterschaften, aus. Diese Events werden von der Segelschule bei Bedarf infrastrukturell unterstützt. „Wir haben eine riesige Manpower.“
Beruf Segellehrer
Sicherlich scheint es verlockend zu sein, den ganzen Tag an der frischen Luft zu verbringen. Dennoch ist der Beruf des Segellehrers in Deutschland eher ein Saisonjob. Eine ganzjährige Anstellung zeichnet die Segelschule Glücksburg aus, denn laut Jochen Kopf gibt es in ganz Deutschland nur wenige Segelschulen, wo man diese Bedingungen vorfindet. Jochen Kopf gibt mit Augenzwinkern zu, dass man als Segellehrer in Glücksburg quasi „mit allen Wassern gewaschen“ sein muss, denn der Beruf habe relativ wenig mit dem zu tun, was sonst üblich sei: „ Wir haben fünf hauptamtliche Segellehrer, diese fünf organisieren und koordinieren die gesamte Ausbildung. Das heißt, im Winter wird die gesamte Saison vorbereitet, es müssen 400 ehrenamtliche Helfer und Segellehrer gemanagt werden und die 3 hauptamtlichen Bootsbauer müssen ebenfalls in der Werft unterstützt werden.“ In der Saison von April bis Oktober bietet die Hanseatische Yachtschule dann bis zu 350 Kurse an, ist in Besitz von drei Hochseeyachten, die um die ganze Welt segeln. Lehrgangspräsentationen müssen fortlaufend aktualisiert werden, da fällt logischerweise eine Menge Arbeit an: „Als Segellehrer bei uns muss man ein kleines Allroundtalent sein“, so sein Fazit. Dennoch sind es nicht nur die fachlichen Qualifikationen, auf die Jochen Kopf achtet, sondern es gehe viel mehr darum, ob ein Mitarbeiter ins Team passt.
Charakter und die Teamfähigkeit stehen an erster Stelle. Man muss sich als Teamplayer auszeichnen. Es kommt auch mal vor, dass Jochen Kopf einigen Bewerbern aufgrund dessen den Wind aus den Segeln nehmen muss: „Bevor hier jemand als Segellehrer arbeiten darf, muss er gewisse zusätzliche vereinsinterne Ausbildungsseminare durchlaufen. Ein Probeeinsatz gehört auch dazu. Wenn man gewisse Jahre in der Branche mit so vielen Menschen zusammenarbeitet, hat sich natürlich auch schon ein Gespür für die bei uns relevanten sog. „Softskills“ eingestellt.“
Ehrenamt
Die Hanseatische Yachtschule basiert auf einem ehrenamtlichen Modell. Die Schule beschäftigt 16 Hauptangestellte, die pro Saison zusätzlich noch von ca. 10 saisonbefristeten Mitarbeitern sowie bis zu 400 ehrenamtlichen Segellehrern, Helfern und Betreuer für die Kinder abseits des Segelunterrichts unterstützt werden. „Unsere große ehrenamtliche Crew der Hanseatischen Yachtschule ist unsere absolute Säule und verkörpert und lebt zu 100 Prozent die DNA und Philosophie des Vereins“, erzählt Jochen Kopf. Diese Menschen sind Mitglieder des DHH, begeisterte Segler und oft sogar Menschen, die einst an einer der DHH Segelschulen selbst das Segeln erlernt haben und über diverse Ausbildungskurse und Fortbildungen sich die Fähigkeiten zum Segellehrer erworben haben. Verknüpft wird die Tätigkeit mit einem Urlaub, Studenten kommen gerne in den Semesterferien. Jochen Kopf versprüht Freude, denn: „Wir haben glücklicherweise kein Ehrenamtsproblem! Unser Konzept basiert auf einem Geben- und -Nehmen- System. Diese Menschen bekommen eine Unterkunft und Verpflegung, außerdem werden Reisekosten übernommen. Tagsüber bilden Sie aus und dürfen abends den gesamten Bootspark nutzen und beim Segeln ohne Segelschüler die Seele baumeln lassen.“
Kooperationen und Förderung
Kooperationen gibt es mit der Europa Universität Flensburg im Rahmen der Ausbildung der Sportstudenten, sowie der Ostseeschule in Flensburg, die sich das Segeln auf die Fahne geschrieben hat. „Darüber hinaus waren wir vor Corona bereits bezüglich Kooperationsmöglichkeiten in Kontakt mit anderen ortsansässigen Schulen.“ In der Satzung des DHH ist die Förderung von Kindern und Jugendlichen im Segelsport tief verankert. Das Schulklassen-Segeln steht an allererster Stelle. Was viele unterschätzen und dennoch hohe Wellen schlägt: Nahezu 1000 Schüler besuchen im Rahmen einer Klassenfahrt pro Jahr die Segelschule in Glücksburg. „Man hat beim Segeln oftmals im Kopf, dass es elitär und teuer ist. Dem wollen wir entgegenwirken. Das Schulklassen-Segeln kostet pro Woche inkl. Übernachtung und Verpflegung 240 EUR. Dies ist durch die Eberhard Wienholt-Stiftung, die den Verein unterstützt, subventioniert.“ Die Stiftung hat den Auftrag, junge Menschen zum Segeln zu bringen und ihnen den Eintritt in den Segelsport zu ermöglichen. Auch für die relativ neue Bootshalle gab es eine große Förderung der Stiftung im Hintergrund. Das DHH Ehrenmitglied Herr Wienholt unterstützt den Verein, parallel zu seiner Stiftung, noch privat. Die neue Bootshalle wurde von ihm in hohem Maße finanziell unterstützt.
Kurse und Törns
Die Liste der angebotenen Kurse ist lang, über den klassische Bambinikurs bis zu Spezialtrainings. Der Segelunterricht verläuft selten nach Schema F. „Es gibt viele Faktoren, die den Unterricht beeinflussen. Die Teilnehmer und das Wetter zum Beispiel. Unsere Lernziele sind hingegen klar strukturiert“, erklärt Jochen Kopf den Segelunterricht. Kein Job für Leichtmatrosen: Ein bis zwei der hauptamtlichen Segellehrer koordinieren die Kurse und überprüfen, ob alles nach Plan läuft. Sie sind erster Ansprechpartner bei Problemen.
Die Kurse sind in der Regel als Kompaktkurse aufbereitet. Jochen Kopf erzählt, dass im letzten Jahr die Segelschule enormen Zuwachs aus der Region bekommen habe und diese insbesondere bei Einheimischen hoch im Kurs stehe: „Coronabedingt haben sich in der letzten Saison viele Menschen gefragt, was sie als Alternative in der Umgebung machen können. Wir hatten Buchungen ‚en masse‘ aus der näheren Umgebung. Das war außergewöhnlich, aber auch umso erfreulicher für uns.“
Der Glücksburger zeigt sich realistisch und hat dennoch reichlich Dankbarkeit mit im Schlepptau: „Wir sind ständig in der Weiterentwicklung. Das betrifft die Bootsklassen, denn generell verändert sich der Anspruch. Es wird immer sportlicher und die Menschen wollen mehr Action. Davon bleiben wir nicht verschont. Vor 20 Jahren sah zum einen der Bootspark noch deutlich anders aus, zum anderen war der Anspruch der Kursteilnehmer auch noch ein anderer."
Über die Hanseatische Yachtschule
Den Deutschen Hochseesportverband Hanse e.V. gibt es seit 1925. Der Verband hat aktuell 16.000 Mitglieder und betreibt aktuell 2 Segelschulen. Die eine Segelschule ist die Chiemsee Yachtschule in Prien, die andere ist die Hanseatische Yachtschule in Glücksburg. Die Hanseatische Yachtschule ist seit 1951 in Glücksburg ansässig.
Ein freundlicher Dank für das Foto "Segelboot im Sonnenuntergang":
Georg Hilgemann/DHH.de
Text: Natalie Jachmann