Es ist ein weiterer schöner sommerlicher Tag, mitten um Pfingsten herum. Ein angenehmer Wind streift durch meine Haare und die Förde glitzert. Um kurz vor zehn stehe ich an der Surfschule »Wassersport Holnis« und fülle meinen Anmeldebogen für den Windsurfkurs für Anfänger aus. Ein Kompaktkurs, der über das Pfingstwochenende geht und uns fünf Stunden Freude auf dem Wasser bereiten soll. Jonathan „Jonny“ und Tobias »Tobi« Kremer, Brüder und Inhaber der Surfschule, sind auch schon bereit. Die Segel liegen im Sand und warten darauf, in den Wind gehalten zu werden. Mal sehen, ob das Windsurfen in Holnis mit dem Wellenreiten auf Fuerteventura mithalten kann.
Ich stand zuvor nur einmal kurz auf dem Board, kenne aber die wilden Windsurf-Geschichten meines Vaters, der in den 70er Jahren in unseren Norden kam und mit einem selbstgebauten Brett und Windstärke 7 Holnis oder Solitüde lieben gelernt hat. Windsurfen ist in meiner Vorstellung eine Mischung aus Abenteuer, Aufwand (Stichwort Materialtransport) und Sehnsucht nach dem Meer. Den Tipp, das Segel niemals auf die Hauruck-Methode aus dem Wasser zu holen, sondern ganz sanft, kannte ich schon mit sechs Jahren.
Nun sollte also der Praxistest erfolgen und ich streifte mir gespannt den Neo über. „Hallo, wir kennen uns doch aus der Uni“, höre ich gleich einen Teilnehmer sagen und freue mich, bekannte Gesichter zu treffen. Einige Teilnehmer sind Urlauber, andere Einheimische, die einfach einmal ihre Kenntnisse auffrischen möchten.
Die Surfschule in Holnis wird seit 2019 von Tobi und Jonny betrieben, die als Surflehrer bereits in Kiel, auf Fuerteventura, Kos, Föhr und Rügen gearbeitet haben. Mittlerweile werden die beiden unterstützt von einem gut eingespielten Team an Surflehrinnen und Surflehrern und bieten neben Windsurfen auch Kiten, Wingfoilen und SUP an. Eine Surfschule in Holnis zu eröffnen ergab sich damals spontan. „Am letzten Tag der Ausschreibung hat uns ein Freund darauf aufmerksam gemacht und wir haben uns noch schnell beworben. Glücklicherweise hatten wir schon ein Konzept in der Tasche, sodass wir innerhalb von einer Woche die Zusage hatten. Dann musste alles ganz schnell gehen“, erinnert sich Tobi.
Am Ende des ersten Tages stehen alle zehn
Teilnehmer sicher auf dem Brett, können geradeaus fahren und eine einfache Wende machen. Nicht schlecht, wie steil die Lernkurve beim Windsurfen ist.
Mittlerweile ist der Spot „Holnis“ ein lieb gewonnenes Örtchen, das nahezu unentdeckt in der Szene ist. „Kiel, Fehmarn und Dänemark gehören zu den bekanntesten Surfspots, in Holnis ist es noch ruhig“, erklärt er.
Zurück in den Neoprenanzug: Noch bevor es auf das Wasser gehen kann, gibt uns Tobi gemeinsam mit Surflehrer Lukas eine Einweisung zum Material und wir üben den Aufbau. Im dynamischen Wechsel lernen wir die ersten Basics zum Windsurfen, Begrifflichkeiten wie Luv und Lee, und nach kurzer Zeit geht es dann auch schon mit Material aufs Wasser. Die Förde ist spiegelglatt, was für Anfänger ideale Trainingsbedingungen darstellt.
Auch wenn ich schon einige Wellenreiterfahrungen gesammelt habe, bin ich doch erstaunt, wie wackelig das Board anfangs ist. Ab und zu falle ich ins Wasser und muss zugeben, dass das Abtauchen ziemlich cool und erfrischend ist. Die Förde hat schließlich schon 15 Grad und wir tragen einen 5mm Neoprenanzug und Neoprenschuhe. Ich freue mich über die gute Qualität der Neoprenanzüge, schließlich hatten die Anzüge auf Fuerteventura schon ziemlich viele Löcher, so dass wir dort früh gefroren haben. Der Neo hält uns über die gesamten 2,5 Stunden ordentlich warm.
Bei den ersten Versuchen landet mein Segel noch häufig im Wasser, ich ziehe das Segel ganz langsam hoch, und relativ schnell hilft der Wind mit, das Segel in die aufrechte Position zu bringen. So schwer ist das gar nicht, ich habe aber nicht bedacht, dass es nach dreißig Mal dann doch am nächsten Tag zu Muskelkater kommen würde. Am Ende des ersten Tages stehen alle zehn Teilnehmer sicher auf dem Brett, können geradeaus fahren und eine einfache Wende machen. Nicht schlecht, wie steil die Lernkurve beim Windsurfen ist. Zufrieden fahren wir nach Hause und ich kippe abends todmüde ins Bett. Was für ein Gefühl.
Immer wieder interagiert Tobi mit uns, gibt Tipps oder ruft: „Nicht so weit nach Dänemark!“ In Holnis an der Surfschule herrscht oft auflandiger Wind, das heißt, man wird nicht so schnell auf die offene Förde gedrückt – für Anfänger ein großer Vorteil. Apropos Dänemark: Für den Kiteunterricht kann es auch schon mal vorkommen, dass die Gruppe samt Material mit dem eigenen Sportboot rüber nach Dänemark fährt, wenn die Bedingungen dort besser sind.
Tobi und Jonny haben Glücksburg erst 2019 als idealen Wassersport-Standort entdeckt und inzwischen als Ort zum Bleiben lieb gewonnen. Der Pachtvertrag lief über 5 Jahre und wurde letztes Jahr verlängert. Die Surfschule soll außerdem neu gebaut werden. Die beiden sind dankbar für die Option der Mitsprache bei der Neugestaltung. Nun soll die Surfschule zukünftig mit einem Schulungsraum ausgestattet werden und mehr Lagerfläche erhalten. „Bisher sind wir auch bei der Theorie im Regen immer draußen gewesen, das darf und wird sich ändern“, erzählt Tobi.
Surflehrer Lukas findet, dass die beiden Brüder es geschafft haben, eine besondere Atmosphäre in Holnis zu kreieren. Das spüren auch die Teilnehmer und sind am Ende traurig, dass der Pfingstwochenendkurs schon vorbei ist. Spontan bringt Tobi die Idee ein, den Kurs auch am Montag zu verlängern. „So ein Mist“, denke ich mir und trauere der Session hinterher. Da ich auf einem Familienfest bin, kann ich leider nicht teilnehmen. Am Tag später denke ich daran, dass ich auch eigentlich auf dem Brett hätte stehen können. Hat mich das Surfvirus schon gepackt? In gewisser Weise ja, denn ich habe selten so eine Zufriedenheit am Ende des Tages verspürt wie an den Tagen auf dem Wasser – egal, ob Wellenreiten auf Fuerteventura oder beim Windsurfen in Holnis.
Am Abend finde ich eine handschriftliche Notiz auf meinem iPad, die mir ein Teilnehmer aus Hessen dagelassen hat: „Das hat mega Spaß gemacht! Ich freue mich über eine Ausgabe der Glücksburg Living!“ Noch Tage danach zehre ich von der harmonischen Einheit auf dem Wasser und melde mich spontan zum Aufsteigerkurs an. Dieses Mal herrschen sogar noch windigere Bedingungen und wir haben auch mit ordentlich Wellengang zu kämpfen. Es dauert eine Weile, bis ich die Balance auf dem Brett finde und nicht immer wieder ins Wasser falle. Nach ca. 15 Minuten habe ich den Dreh wieder raus und lasse mich vom Wind antreiben. Lukas betreut uns und geht individuell auf unsere Wünsche ein. Mein Ziel: das Kreuzen und die schnelle Wende zu verbessern. Lukas kommt immer wieder vorbeigesurft und gibt hilfreiche Tipps: „Wenn die schnelle Wende manchmal nicht klappt, dann hast du wahrscheinlich nicht lange genug angeluvt!“
Am Ende der Einheit kann ich stolz behaupten, dass ich schon gut neben mir fahrenden Kitern ausweichen kann und das Gefühl habe, das Material zu beherrschen. Mich hat definitiv die Lust gepackt, mehr von unserer Förde zu nutzen und unsere Natur aktiv zu erleben. GL